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Die Sonne geht im Westen auf!

Text: Anne Schmitgen, Fotos: Annette Gruber

11.08.2018

Oder doch im Osten? Dazu später mehr… Sie scheint auf jeden Fall, als wir uns am Freitag 3. August, um 13 Uhr am Parkplatz an der Äußeren Beuerberger Straße treffen - es hat über 30°C.

Wir können uns schwer vorstellen, dass wir heute die Flipflops gegen schwere Bergschuhe tauschen müssen. Und dass wir schon morgen auf Gletschereis stehen werden. Aber bis dahin ist noch Zeit, „dank“ Stau ganze fünf Stunden, bis wir im hintersten östlichen Eck Kärntens angekommen sind, am Gößkarspeicher. (Notiz: Es bestehen große Zweifel, ob unser Sektionsbus die unendlich lange Straße mit unendlich vielen Kehren geschafft hätte.) Nach dem langen Sitzen tut der Aufstieg zur Gießener Hütte (2.215m) trotz der schweren Rucksäcke gut. Dort angekommen, informiert uns ein Schild in der Stube, dass das Speisenangebot aufgrund Personalmangels eingeschränkt sei. Uns reicht die Auswahl zwischen Curry, Rollschinken und Nudeln aber allemal. Zumal der Fokus gleich nach dem Essen auf Mühle liegt: Annette und Martin liefern sich spannende Partien, unser Tourenleiter Dominik gibt Tipps von der Seite, während Zeno, Anne und Anschi zuschauen. Wie man in wenigen Zügen zur Zwickmühle kommt, wird an dieser Stelle nicht verraten. ☺

Früh am Samstagmorgen lassen wir uns das Thermofrühstück mit saurer Milch schmecken (Anne und Anschi erwischen noch die einzige gute Milchtüte) - fast schon egal, wenn man soooo früh frühstückt. Um 6 Uhr geht es nämlich schon los. Unser erstes Ziel ist die Winkelscharte, ab der die Rucksäcke etwas leichter werden. Denn hier ziehen wir Klettergurte, Helm und Klettersteigsets an. Dann geht es bei gutem Wetter, herrlich festem Granit und ohne irgendwelche anderen Leute im Steig immer weiter empor - bis wir schließlich auf dem Haupt der Tauernkönigin stehen, der 3.360m hohen Hochalmspitze! Nach ausgiebiger Rast und Brotzeit geht es weiter - aber nicht zurück. Denn Dominik hat eine Überschreitung geplant und so steigen wir über einen Blockgrat in Richtung der sog. Steinernen Mandln ab - mal gehend, mal kletternd und ganz zum Schluss über eine drahtseilversicherte, fast senkrechte Wand. Die endet in einer ca. 40° steilen Firnflanke des Trippkees. Früher konnte man hier vermutlich ganz gemütlich auf den viel flacheren Gletscher laufen. Heute muss man abseilen oder am Fixseil absteigen - eine gute Übung für alle von uns und wenigstens haben wir das Seil dann nicht umsonst mitgeschleppt. Nach dem Gletscherende legen wir alles Sicherungsgerät ab, die Rucksäcke werden dementsprechend wieder schwerer. Motivation ist aber der Kuchen auf der Gießener Hütte. Und als wir endlich dort ankommen, ist der Kuchen aus! Trotz dieser herben Enttäuschung lassen wir uns Spezi und Weißbier auf der Hütte schmecken, bevor wir uns an die letzten 500 der insgesamt 1.600 Höhenmeter Abstieg an diesem Tag machen. Danach liegt die letzte Etappe dieses Tourenwochenendes vor uns: die Heimfahrt. Zum Glück sind die Straßen diesmal leer, so dass wir in der normalen Fahrtzeit von 3,5h wieder zurück in Wolfratshausen ankommen. Und es hat, abends um 21 Uhr, immer noch fast 30° C. Als wären wir nie weggewesen…

Vielen Dank Dominik für diese spannende und abwechslungsreiche Klettersteig-Hoch-Tour! Mit geschwitzt haben Anne, Annette, Anschi, Martin und Zeno.

P.S.: Annette war Freitagabend so in verschiedene Strategien des Mühlespiels vertieft, dass ihr partout die Erklärung für das Morgenrot als Schlechtwetterbot nicht mehr einfallen wollte. Und am Ende ging die Sonne dann eben im Westen auf.